Wenn Gitanos sich ‚outen‛ ... –
Öffentlichkeit, Flamenco als Unterhaltung und Homosexualität
Der Text handelt vom
homosexuellen Flamenco-Cantaor Falete und entstand für den 3. gemeinsamen Kongress
der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie
in Innsbruck 2011. Er war vorgesehen zur Publikation in: Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit. Verhandlungen
des 3. gemeinsamen Kongresses der Deutschen, Österreichischen und
Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie in Innsbruck 2011, Wiesbaden: Springer VS. Da diese Publikation
bis heute nicht erschienen ist, erlaube ich mir, den Text hier als Download
anzubieten.
Romantische Beobachtungen. Niklas Luhmanns soziologische Aufklärung als moderne soziologische Romantik. In: Soziale Systeme. Zeitschrift für soziologische Theorie 2(1996).
Niklas Luhmanns Systemtheorie der Moderne gilt wegen ihres fehlenden normativen Fundaments als Antipode kritischer Aufklärung. Richtig ist, dass seine soziologische Aufklärung, genau besehen, eine soziologische Romantik ist. Sie steht in spezifischer Weise auf der anderen Seite der Aufklärung. Eine normativ gestützte kritische Aufklärung und eine noch die letzte Stütze reflexiv relativierende Romantik sind die zwei Seiten einer Form: der Moderne. Die je andere Seite ist nur über ein Re-entry der Form verfügbar. Soziologisches Aufklären durch Beobachten entstammt dem Erbe romantischer Ironie und ist konstituiert über ein Re-entry der Unterscheidung Aufklärung/Romantik auf der Seite der Romantik.
Romantic observations. Niklas Luhmann's sociological enlightenment as a modern sociological romanticism. Luhmann's systemtheory of modernity, for its lack of normative foundations, is often seen as a counterpart of critical enlightenment. Correct is, that his sociological enlightenment, carefully considered, is a sociological romanticism. In a specific way, it stands on the other side of enlightenment. A normatively based critical enlightenment, and romanticism, which reflects on the relativity of even its final base, are the two sides of one form: modernity. The respectively other side is only available by a re-entry of the form. Sociological enlightenment by observation is an inheritance of romantic irony and has to be regarded as a re-entry of the distinction enlightenment/romanticism on the side of romanticism.
Lust am Schmerz? (Post)moderne Tattoos zwischen Kunst und Melancholie. In: A. Bolterauer, E. Wiltschnigg (Hrsg.): Kunstgrenzen. Funktionsräume der Ästhetik in Moderne und Postmoderne. Wien 2001.
... Zu notieren ist vor allem , dass es die echten Tattoos sind, die immer mehr Raum erobern – Körperraum. Zweifellos sind sie ein Produkt unserer zunehmend in Bilder eingelassenen Kultur. Ihre Signifikanz haben sie dort aber darin, dass diese Bilder auf der Haut gerade nicht nach Belieben auszuwechseln sind. Wären sie nur fürs Auge gedacht, wie Accessoires, wie Sonnenbräune, wie der Drei-Tage-Bart, die in Hollywood-Action-Streifen eingesetzten täuschend echten Fakes oder Temporaries hätten die grausamen Tintennadeln längst verdrängt. Diese produzieren, wie man weiß, nicht nur Bilder, sie verursachen auch Schmerz. Wir fragen: Warum hat trotz verbreiteter Beschwörung einer Allgegenwart des Simulacrums der Schmerz überlebt?
Tattoos im Palais. Eine Tagung in Graz. Bericht im Tattoo-Magazin (2000)
Es ist noch nicht so lange her, dass die "Tattoos" ihre alten, ethnologisch oder sozialstrukturell abgeschlossenen Reservate verlassen durften. Heute hat jede kleinere Stadt ihr Studio, aber die Akzeptanz zeigt immer noch Spuren der Ambivalenz. Das alte Image des Exotischen, des Fremdem, des Bestaunten, auch des Dubiosen ist nicht restlos überwunden. "Wissenschaft" und "Kunst" jedenfalls – die Gralshüter einschlägiger Reflexionen – sind sich über die angemessene Verortung und Wertung weiter uneins. Selbstverständlich war es also keineswegs, wenn der renommierte Grazer Spezialforschungsbereich "Moderne. Wien und Zentraleuropa um 1900" seine Tagung zur (post)modernen Ästhetik (19.-21. Oktober) mit "Totem und Tattoo" überschrieb. Das Motto war mehr als bloße Laune des Augenblicks. Der Symposionstitel verrät, dass über den Stellenwert der Tattoos in einem solchen thematischen Rahmen zwar zu streiten ist, jedoch eine Fachtagung über Ästhetik(en) und ästhetisierte Phänomene der (Post)Moderne – die aktuelle Epoche, die den einzelnen mehr als je zuvor nach Fun, Eigensinn und Distinktion suchen läßt – auch nicht mehr auskommt ohne eine Referenz auf jene Körperkunst, die ihren Reiz zu großen Teilen aus der "Echtheit" bezieht.
Erfreulich
ist, dass junge Kulturwissenschaftlerinnen die Tattoos mittlerweile für sich
entdeckt haben. Zwei schöne Arbeiten sind:
Christina
Haidinger: Christentum. Tattoo.
Hinduismus. Zwischen religiöser Ethik und Glaubensbekenntnis.
Universität Wien (Kultur- und Sozialanthropologie) 2012. S. 25: „In den letzten
Jahren erfuhr das Image der Tattoo-Kunst eine hohe Aufwertung. Nach Fritscher
erlebte jene Körperkunst eine Wandlung von einem Stigma zu einem „Bourdieuschen
kulturellen Kapital“ (Fritscher 2001:306).15 Er meint hierzu: „…der
Körper als eingeführtes Symbol naturähnlicher Konstanz lässt sich [...] als
Repräsentationsmedium [nutzen].“ (Fritscher 2001:307).
Sarah
Herrmann: Doing Inktimacy. Ethnographische Einblicke in die Praxis des Tätowierens, Uni Siegen 2015, eine Fortführung der Bachelor-Thesis "Kulturelle Überformung des Körpers. Schmerz im Kontext der
Tätowierung". Es geht um den, neben den äußerlich sichtbaren ‚Errungenschaften’, oftmals mit dem Akt des
Tätowierens verbundenen inneren Prozess der Identitätsfindung, -bildung und -bestätigung.
Differenzierung, Verdinglichung und Abstraktion. Über einige Beiträge, die
eine autopoietische Systemtheorie zu einer kritischen Theorie moderner
Rationalität leisten kann.
Frankfurt am Main u.a. 1988 (Promotion)
Zu diskutieren ist also im weiteren nicht das Konzept der Differenzierung. Dieses kann bestenfalls im Hegel´schen Sinne aufgehoben werden, wenn das Projekt der Moderne nicht rückgängig gemacht werden soll. Zwar gilt die Annahme nur eingeschränkt: das Bestehen auf Differenzierung bleibt eine Theorieentscheidung, die nicht besagt, dass Differenzierung notwendig unaufhörlich weitergehen müsse, noch dass Entdifferenzierung nicht möglich sei. Aber: Differenzierung ist konstitutiv für Moderne, sie ist per se gegeben, wenn von Moderne die Rede ist. ... Habermas arbeitet heraus, dass eine moderne kritische Theorie nicht mehr annehmen könne, dass Differenzierung zwangsläufig zu Verdinglichung führe. So wenig wie sie Verdinglichung in Differenzierung auflösen will, so wenig könne sie umgekehrt Differenzierung mit Verdinglichung gleichsetzen. Beides sei empirisch zu ermitteln und zu unterscheiden. Dazu nun kann eine moderne Systemtheorie mehr beitragen als bei Luhmann sichtbar wird und Habermas konzedieren will.